lunes, 14 de abril de 2008

Die Ruhe nach dem Sturm

Landeanflug in Puerto Cabezas. Fürs Erste Endstation einer langen Reise. Nach über einem Monat an der Pazifikküste Nicaraguas mache ich mich in der Hauptstadt der „Region nördliche Atlantikküste“ an die Arbeit. Dieser Teil des Landes ist für die Pacificos, die Leute aus der Pazifikregion, eine völlig andere Welt. Das sagen sie mir immer wieder. Anderes Essen, andere Kultur – und sogar andere Sprachen. In der Tat, die am meisten gesprochene Sprache ist hier nicht unbedingt spanisch: Hier leben zu etwa siebzig Prozent Miskitus, Angehörige eines der größten noch existierenden indigenen Völker der Welt. Zwanzig weitere Prozent nimmt die kreolische Bevölkerung ein, aus diesem Grund verstehen die Menschen hier auch häufiger Englisch als die Pazificos. Die zehn restlichen Prozent machen Mayangas und Sumo, beides kleinere Indigenenvölker, und Spanischsprachige unter sich aus. Dennoch ist Spanisch die offizielle Sprache, und es gibt zumindest hier in der Stadt eigentlich niemanden, der sie nicht spricht.
Die Menschen hier verwenden für viele Gerichte Kokosnuss, was die Menschen am Pazifik überhaupt nicht tun - aber trotzdem ist hier das typische Gericht Gallo Pinto, Reis mit Bohnen, wie überall in Nicaragua. Nur eben mit Kokosmilch. Der auffälligste Unterschied ist jedoch eindeutig die Armut. Anders als in den übrigen Teilen des Landes sind geteerte Straßen die Ausnahme, die Häuser einfacher, meist selbstgebaut und aus Holz, die Dächer bestehen fast immer aus bloßem Wellblech. Das Stromnetz ist veraltet, täglich fällt der Strom aus, oft mehrmals. Und dann auch noch der Hurrikan. Ein großer Teil der Bevölkerung hier lebt von weniger als einem US-Dollar am Tag. Und viele haben durch den Sturm das letzte Bisschen, das sie noch hatten verloren. Viele Häuser und fast alle Dächer in Puerto wurden zerstört, das Wellblech konnte dem bis zu 250 Km/h starken Sturm nicht standhalten, ihr Hab und Gut wurde in alle Winde verstreut.
Das Leben ist teurer geworden hier – nahezu die gesamte Ernte für die nächsten Monate wurde zerstört. Die Menschen stehen Schlange vor den Lagerhallen für Hilfsgüter, hoffen darauf, nicht mit leeren Händen nach Hause zurückkehren zu müssen. Viele kommen von weit her. An einem Tag haben wir die Gelegenheit, bei der Verteilung von Hilfsgütern in abgelegen Gemeinden mitzuhelfen. Hier sieht es teilweise noch immer sehr schlimm aus, im Gegensatz zum relativ wiederhergestellten Puerto Cabezas. Aber auch zwei Monate nach dem Sturm funktioniert die Straßenbeleuchtung in vielen der Straßen, die über eine solche verfügen, noch immer nicht. Es fehlt an Stromleitungen, zum Teil sind diese dem Unwetter zum Opfer gefallen, zum Teil haben sich Leute derer angeeignet, um ihre eigenen Häuser mit Strom zu versorgen.
Auch unser Haus ist von der Leitungsdemontage nicht verschont geblieben – drei Wochen ohne Strom, und das angesichts der Tatsache, dass es hier bereits kurz nach 18 Uhr stockdunkel ist.
Dennoch ist es beeindruckend, wie gut sich die Leute zum Teil selbst zu helfen wissen. Sicher ist das Bildungsniveau hier nicht vergleichbar mit dem in Deutschland. Aber wer weiß denn dort schon, wie man sich ein eigenes Haus baut? Hier ist das für die Menschen selbstverständlich. Und um die Stromzufuhr kümmern sie sich ja dann auch selbst.
Drei Wochen ohne Elektrizität - Wasser gibt es unabhängig vom Sturm in der Regel nur aus Brunnen oder Regentonne. Ich muss sagen, man kann sich an alles gewöhnen. Und vielleicht bemerkt man dann auch, wie viel Luxus wir uns leisten – und wie selbstverständlich dieser geworden ist.

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